ESR in Krakau - Gedenkstättenfahrt

Schülerinnen und Schüler erinnern die Geschichte

„Wer die Geschichte nicht erinnert, ist verurteilt, sie neu zu durchleben“, diesen Worten des Philosophen George Santayana begegnen die Besucher des ehemaligen Konzentrationslagers Auschwitz am Eingang des Blocks 4, so auch die 28 Schülerinnen und Schülern der Europaschule aus Rheinberg, welche gemeinsam mit ihrem Schulleiter Herrn Martin Reichert, dem Europakoordinator Herrn Thomas Ververs unter der Leitung der SV Lehrerin Frau Julia Sonnenwald die erste Gedenkstättenfahrt nach Auschwitz am 23.November 2023 antraten.

Während einer intensiven Woche setzten sich die Lernenden nicht nur mit dem Holocaust auseinander, auch gab es Raum die jüdische Kultur und Gemeinde in Krakau kennenzulernen. Zu Beginn der Fahrt konnten die Schülerinnen und Schüler einen Einblick in die Geschichte der Krakauer Juden erhalten. So besuchten sie gemeinsam mit ihren Lehrern die Remu – und Tempelsynagoge im Kazimierz und schlenderten über den historischen Marktplatz. Zum Abschluss dieses doch recht ereignisreichen Tagesgenossen die Lernenden ein traditionelles jüdisches Abendessen im Klemzar Hois, welches durch eine Klezmer Band musikalisch umrahmt wurde. „Das traditionelle jüdische Essen, in einer sehr entspannten und fröhlichen Atmosphäre, war ein wundervoller Tagesabschluss. Auch hat die musikalische Begleitung den Tag bestensabgerundet“, so Kathinka V.

Nach einem reichhaltigen Frühstückmachte sich die Schülergruppe, an Tag zwei, mit dem Bus auf den Weg nach Auschwitz. Die Stimmung, während der 1,5-stündigen Busfahrt, war durchdrungen mit einer gewissen Schwere, manche Schülerinnen und Schüler tauschten sich aber auch über den gestrigen Abend aus und versuchten so ihre Nervosität hinsichtlich des Kommenden nicht zu zeigen. Angekommen in derGedenkstätte sah man viele Gruppenvon einer Barackezur nächsten in stiller Andacht laufen. Von einer Grausamkeit zur nächsten. Von einem bis zum Tode gequälten Menschen zum nächsten. Kaum ein Schüler konnte seine Gefühle beim Anblick der 600 Koffer, 1200 Brillen und den Massen an menschlichen Haaren in Baracke 4 in Worte fassen. Am Ende der Führung hatten die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit in der israelischen Ausstellung im Buch der Toten nach verschiedenen Namen zu suchen. Im Vorfeld der Fahrt fand eine Exkursion in die NS- Dokumentationsstelle in Köln, sowie eine intensive Auseinandersetzung mit einigen Kölner Familien, welche dem Holocaust zum Opfer fielen, statt. Die Lernenden suchten in diesem Zusammenhang mit Hilfe der „Stolperstein NRW“ App einzelne Schicksale heraus, besuchten die Stolpersteine und lernten u.a. das Leben der FamilieKirschbaum kennen, welchesie ebenfalls in Auschwitz im Buch der Toten wiederfanden.

„Ich fand Auschwitz sehr bewegend, man konnte sich zuvor nicht wirklich vorstellen, unter welchen Bedingungen die Menschen dort leben mussten. Ebenfalls war es sehr emotional, da man realisiert hat, dass man gerade an der Stellesteht, an der Millionen von Menschen ermordet und gefoltert wurden“, so eine Schülerin der 12. Klasse nach dem Besuch von Auschwitz – Birkenau. 

Nach dem Besuch des Außenlagers Birkenau ging es zurück nach Krakau. Da der Besuch der Gedenkstätte für alle Beteiligten emotional aufwühlend und herausfordernd war, fanden sich die Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit den Lehrern in Kleingruppen zu intensiven Reflexionsgesprächen zusammen.Hierbei konnten die Lernenden ihre Erlebnisse und Eindrücke verbalisieren und sich mit dem Erlebten auseinandersetzen. 

Am nächsten Tag hatten die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, sich im Jüdischen MuseumGalicia mit der Zeitzeugin Lidia M. zu treffen. Sie erzählte von ihrer Kindheit in Auschwitz sowie von ihren Erlebnissen als Versuchsobjekt von Doktor Mengele. Durch den Besuch in Auschwitz am vorangegangenen Tag, konnten die Jugendlichen die Schilderungen der Zeitzeugin mit ihren eigenen Bildern von Auschwitz verknüpfen. Während des gesamten Interviews wurde deutlich, dass die Schülerinnen und Schüler durch die Eindrücke der letzten Tage einen eigenen Bezug zu den Erzählungen von Lidia M. herstellen konnten.

„Von diesem Momentan an hatten wir kein Gesicht, keine Herkunft, keinen Namen. Wir waren einfach Nummern.“ berichtet Lidia M. während ihrer Erzählungen. Dieser Satz hallt bis heute bei den Schülerinnen und Schülern in ihren Herzen und Köpfen nach. „Es hat mich emotional sehr mitgenommen und diesen Moment werde ich nie mehr vergessen“ äußerte sich am Ende ein Schüler. 

Nach einer intensiven Woche mit emotionalen Herausforderungen und vielen neuen Eindrücken und Perspektiven landete die Gruppe am 26.10.2023 wieder in Düsseldorf. Die Schülerinnen und Schüler waren sich einige, dass eine solche Fahrt „den Blickwinkel auf vieles verändert“.

Reisebericht von Julia Sonnenwald